Sei mutig!

Sei mutig,
wenn du raus gehst in die Welt.
Sei mutig und sprich an, 
was niemand mehr ansprechen will.
Trau dich heraus aus deiner Komfortzone.
Mach es auch mal anders als andere,
wenn es das einzige ist, was dein Herz aushalten kann.
Renn, 
wenn es das braucht.
Steh still, 
auch wenn alles durchdreht. 
Sei mutig und trau dich, 
Unrecht anzusprechen,
Gefühle zu äussern,
zu weinen und zornig auf das zu sein, 
was sich nicht so einfach ändern will.
Hab eine Stimme für das, was du siehst,
Versteck dich nicht mit deinen Gaben und den Wundern, 
die nur DU in dir trägst.
Sing die Lieder,
die tief in dir schlummern.
Sei gütig,
liebe mit ganzem Herzen.
Denn vielleicht ist gerade nur deine Liebe,
das einzige, was den nächsten noch trägt.
Seit mutig,
auch wenns schwer fällt 
und die Angst dir allen Mut stehlen will.

Wenn dein Herz dir zuraunt: Ich kann nicht.
Geh trotzdem.

Wir, die Menschen!

Alleine und doch irgendwie gemeinsam unterwegs:
Irgendwie mit ähnlichen Träumen,
ähnlichen Wünsche und ähnlichem Sehnen:
Glücklich sein, frei und unabhängig
Menschen haben, die uns mögen,
die uns sehen, verstehen und auch mal ertragen
Wir ersehnen Großes und Neues,
und ab und an reicht es,
gekuschelt vor dem Kamin zu liegen
ohne Termin und ohne Hetze.
Wir stehen gerne gemeinsam zusammen.
Auf jedenfalls vermissen wir es,
wenn wir es länger nicht tun.
Dann klopfen wir uns auf die Schulter
und meinen:
Wir schaffen den Weg schon,
nur noch ein Stück bis zum Ende der Welt.
Triefend der Wunsch nach Gemeinschaft,
nach liebevoll verpackter Ehrlichkeit
Wir, die Menschen – Krone der Schöpfung.
So hungrig nach Wärme, nach Verstehen
nach ehrlichem Mitleid.
Wir wollen Sterne ergreifen und Schlösser bauen,
wir wollen erschaffen und bleiben
in Erinnerung für diese Welt.
Wir sind oft so sehr mit uns beschäftigt,
und manchmal retten wir scheinbar die Welt.
Wir, die Großen und Kleinen,
die mittanzen wollen in dem Reigen der Zeit.
Wir, mit unseren Träumen,
mit der Sehnsucht nach Leben.
Wir, in unserem Winterschlaf,
während es schon längst Sommer wird.
Wir voller Hoffnung auf morgen,
auf Neues, auf Gutes.
Wir die wir gehen und tanzen und beten und staunen.

Wir, die Menschen!
Krone der Schöpfung.

Komm mit mir auf Reisen

Heute hab ich ein Gedicht wiedergefunden, dass ich letzten Sommer auf dem Weg zu einer Weiterbildung in der Bahn nach Köln geschrieben habe. Ich habe diese Zugfahrten geliebt. Musik auf den Ohren, fahren und Menschen beobachten. Zugfahren fasziniert mich. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich hier auf dem Dorf so gar nicht Zug fahre. 

Damals im Sommer nutzte ich das, obwohl ich Mitfahrgelegenheiten hatte…

Corona war schon in aller Munde und die Welt um mich herum machte langsam zu. Doch ich wollte mir das Zugfahren nicht nehmen lassen…Ich fühlte mich in diesen Momenten so frei und genoss das Gefühl, auch wenn alle den Kopf darüber schüttelten. 

Jetzt gerade würde ich gerne im Zug sitzen und dieses Gedicht als einen Kurzfilm aufnehmen.. Es würde alles passen. Nur passt es gerade nicht! Ich fahre jetzt gerade keinen Zug. Ich bin sowieso nicht mehr weit unterwegs. Und das ist auch ok für mich, es ist gerade jetzt besser und vernünftiger. 

Und dennoch wäre ich gerade gerne auf Reisen! Ich wäre gerne mit Kamala Harris und Joe Biden an einem Tisch und würde mit ihnen auf dieses Gefühl von neuer Freiheit anstoßen, ich würde ihnen Danke sagen, dass sie Amerika in meinen Augen wieder etwas schöner machen. Die letzten Jahre hatte ich keine Lust auf Amerika und jetzt spüre ich wieder Aufschwung und Freude. Auch wenn das System fehlerhaft ist – und auch diese beiden Menschen Fehler machen werden:Es schmeckt wieder mehr nach Hoffnung und nach Mut. Ich liebe es einfach so viel mehr, wenn Menschen für Hoffnung und Zusammenhalt aufstehen. Auch wenn sie nicht alles kitten werden…

  Ich würde gerne zu Angela Merkel reisen und ihr die Maske vom Angesicht nehmen (nur kurz, versprochen) und sagen: Danke! Auch wenn mich so viel, was du entschieden hast, so unendlich wütend gemacht hast. Du wolltest das beste! Ich glaub schon! Ich weiß ja nicht was ich gemacht hätte… auch wenn auch hier das System krankt und Menschen Fehler machen. Ich glaube einfach, dass Hoffnung und Mut gemeinsam ihren Weg finden. 

Ich wäre gerne bei den Kindern in den Flüchtlingscamps, ich würde mit ihnen Ball spielen und ihnen Deutsch beibringen. Besonders die Wörter, die lustig klingen, und dann würden wir ganz viel lachen. Ich würde Hoffnung und Mut mitbringen und sie am Ende am liebsten alle einpacken und mitnehmen. Weil Kinder Hoffnung und Sicherheit brauchen und ich das Privileg habe, das hier in Deutschland zu haben.
Was ein Privileg in dieser Zeit!

Ich würde reisen um zu sehen was gerade mit dieser Welt passiert, ich würde anklopfen an verschlossenen Türen und mir die Geschichten erzählen lassen, die wir nicht mitkriegen. Ich würde die Einsamen da draußen in den Arm nehmen…

Ich wäre so gerne unterwegs.

Ich will so gerne mehr sehen! 

Ich bin so gespannt auf diese Welt! Ich könnte platzen vor Vorfreude auf das, was da noch kommt. Irgendwie komisch, gerade jetzt. Aber ohne Träume gäbs kein Morgen.

Ich werde das Gute, das Schöne und das Weite wieder sehen. 

Gerade jetzt macht alles zu und ich sitze auf gepackten Koffern. 

Mein Sohn sagte letztens: „Corona wird nie weggehen.“

Und ich hab ihn angeschaut und gesagt: Doch, das wird es. Es dauert noch was. Aber es wird irgendwann weggehen. Und bis dahin machen wir unsere Reise hier vor Ort. 

Wir reden mehr mit Menschen, die Hoffnung in sich tragen als mit denen die düstere Prophezeiungen schultern und können dann die trösten, die keinen Mut mehr haben. Wir machen Pläne für Urlaube und spinnen herum, was wir alles machen, wenn der Sommer kommt. Wir essen Schokolade bis uns schlecht wird, weil Zuckerschock manchmal ein Stück Seele heilt. Wir lernen die Kontinente in unserem selbst erbauten Klassenzimmer und erzählen uns, wo wir als nächstes hin reisen wollen. 

Wir tanzen und springen, damit wir fit bleiben für alles, das was vor uns liegt. 

Der Tag wird wieder kommen an dem wir wieder Menschen in den Arm nehmen und verschwitzt in einer riesen Menge tanzen! Wir werden lachen über verrücktes.

Wir schnappen uns die besten Klamotten und essen in den besten Clubs. 

Du siehst das alles nicht? Ich schon! Und ich zeig es dir! 

Dann fahren wir gemeinsam Zug und ich erzähl dir von dem Gedicht, dass ich dann hoffentlich mal zu Ende geschrieben habe! 

Wir gehen auf Reisen! Glaub mir!

Light in the Darkness

Wir steuern auf das Weihnachtsfest zu
Und Dieses Jahr scheint es so 
Als müssten wir es retten.
So als wäre es plötzlich das Fest aller Feste,
Als würden wir plötzlich alles dran setzen
Dass es stattfinden darf in dieser Zeit.

Ich höre so viel in diesem Jahr,
Worte schreien mich an,
Verletzen, engen ein und 
Wollen meinen Standpunkt.
Abstand halten ja,
Aber um welchen Preis.
Welche Maßnahme ist richtig,
Welche Meinung vertretbar.

Ich sollte mich positionieren,
Obwohl ich es selbst doch nicht weiss.

Heute denke ich so,
Und morgen überholen mich meine eigenen Gedanken.
Und im Chaos vom Nicht wissen können
Nicht Standpunkt finden wollen,
Will ich bald gar nichts mehr hören
Und gar nichts mehr sagen.

Eigentlich sitz ich mit allen im Lockdown light.
Hätte ein Coronarecht auf Einsamkeit
Doch anstatt anzunehmen,
Dass man ja eh nichts tun kann in dieser Welt,
als einfach abzuwarten.
Bockt mein Herz auf und 
Schreit nach Veränderung und nach Mut.
Ich sehne mich so nach mutigen Menschen.

Wie anstrengend war mir dieses Jahr,
Mit seinem Auf und Ab,
vom Versuch mutig zu bleiben.
obwohl doch alles sagte:
Hab Angst und bleib fern.
Das Herz der Menschen heilt schon von alleine.

Die Realität von verletzten Seelen 
Durchkreuzt meine Sehnsucht nach Ruhe,
Verschafft meinem Tun keine Pause.
Und so renne und denke und teile ich aus,
Schreibe und trage ein Licht in die Welt.
Doch das Licht es scheint 
Diese Dunkelheit nicht zu durchbrechen
Es fehlt ihm am Macht
Und Durchhaltevermögen.

An jedem neuen Morgen
Eines jeden neuen Tages
Setze ich mich mich erschöpft 
An meine persönliche Krippe von 2020
Ganz nah hin zum Kind, 
Zur Mutter, zum Vater.
Ich bleibe dort mit meinen Sorgen
Und meine Geschenke sind
Fragen und Fragen.

Ist denn ein Retter in einer dreckigen Krippe
Wirklich die Hoffnung der Welt.

In diesem Jahr haben wir viel verloren,
Es war nicht wie geplant
Was werden die Gedanken eines jeden sein,
Wenn sich dieses Jahr verabschiedet.
Wen lassen wir zurück
Was gewannen wir neu?

Und wieder knie ich hier an der Krippe
Und wünsche mir Licht in der Finsternis
In meinen Gedanken,
In meinen Träumen,
In den Träumen der anderen.

Ich wünsche mir Licht in der Finsternis
In Krankenhäusern und Altenheimen
In Familien,
An Sterbebetten.
Am Boden der Existenz von vielen,

Ich wünsche mir Licht in der Finsternis
Bei erschöpften Politikern,
Bei Künstlern ohne Perspektive
Bei heimatlosen Flüchtlingen, 
Die wir dann einfach mal nicht mehr auf dem Schirm haben –
Sorry wir haben nicht Platz für noch mehr Katastrophen.

Ich wünsche mir Licht In der Finsternis
Bei denen die Fehler machten,
Bei denen die Schuld hatten 
Bei denen die Macht hatten.

Ich knie an der Krippe 
Und mein Gebet geht auch raus
Für die Menschen,
Die ich nicht versteh,
Die albern sind, 
Gefährlich und in meinen Augen so dumm.
Komisch, aber für alle kam der Retter der Erde.

Und so knie ich hier,
Weil ich einfach mal nicht mehr kämpfen kann,
Weil ich mich daran klammere,
Dass Gott sie noch hat die Kontrolle der Welt.

Und so leg ich mein Dunkel und das unserer Welt 
Ab an der Krippe
Und frag ihn leis,
„Weisst du was abgeht in deiner Welt?“

Und in mein persönliches Fragen an den,
Der Weihnachten für den perfekten Start
Einer gigantischen Rettungsaktion hielt,
Halt ich inne und sag:
„Hier DEINE Welt!“

Und während ich noch knie
kommt der Heiland und legt seine Hand auf meine Schulter,
Wie ein Freund,
Den nichts vertreiben kann.

Er nimmt mein Jahr 2020,
Er nimmt meine Sorge, den Verlust und auch den Versuch
Alles retten zu wollen.

Und in die Tränen mischt er himmlischen Trost.
Er zündet persönlich ein neues Licht der Hoffnung an,
Ervertreibt meine Eile,
Mein Kümmern und Sorgen.

Er  sagt mir ganz sanft und bestimmt:
JA, es ist MEINE Welt!
Vertrau mir!

Ausschnitt aus dem Online Weihnachtskalender der Gemeinde „Treffpunkt Hoffnung“ in Wermelskirchen.
Das Video dazu findet ihr hier https://youtu.be/B1W34I3qN2U

Wenn das Herz boxt

„Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.“(Epheser 4,26) Ich war diese Woche so ziemlich zornig, wütend und rebellisch.
Ich konnte nicht begreifen, dass die nächsten Einschränkungen die Leute treffen, die die ganze Zeit Teil der Lösung sein wollten. Gedacht habe ich zum Beispiel an alle Kneipen, Restaurants und Kulturschaffenden, die so sehr investiert haben um auch trotz dem Virus arbeiten zu können. Und nun ist deren „Laden“ einfach mal wieder dicht. 🤷‍♀️
Ich bin immer wieder wütend, wenn ich das Gefühl habe: Hier läuft etwas verdammt unfair ab! Und dann lese ich in der Bibel, dass dann, wenn man zornig ist, man sich nicht dabei versündigen sollte.
Gott kommt klar mit meiner Wut und dem Zorn. Er schiebt nur etwas hinterher: Versündige dich nicht in deinem Zorn. Tu den anderen nicht weh, wenn du wütend wirst und Ungerechtigkeit kaum aushalten kannst. Werd nicht unfair – auch wenn du denkst, dass du im Recht bist. Mach den anderen nicht platt mit Worten und Taten. Bleib respektvoll in deinen Äußerung (besonders in den sozialen Netzwerken) und beleidige niemanden. Klär Dinge mir dir und wo es geht auch mit anderen. Sünde ist immer scheisse. Sie trennt vom Schöpfer und lässt uns bitter werden. Und das ist das letzte was ich will!!
Ich wünsche uns ein miteinander und weiter gehen. Ungerechtigkeit ansprechen und wo wir es können klar Stellung beziehen und für das gute kämpfen. Aber lasst uns doch bitte nicht die Achtung voreinander verlieren! Lasst uns kämpfen und den Mund aufmachen. Man muss nicht alles mit sich machen lassen. Aber lasst uns doch einander besonders mit Respekt und Achtung beschenken. Das kann man auch, wenn man wütend ist. Das kann man auch, wenn man nicht alles mittragen will.
Ich will das lernen – mehr und mehr! Gerade jetzt in dieser Zeit, wo das Herz boxt und die Seele nicht so ganz zur Ruhe kommen will. Gott gebe mir diese Kraft! Bei ihm komm ich zur Ruhe!!Bleibt behütet und startet mutig in diese neue Woche!!

Allein

Ich bin kein Freund davon, alleine auf Veranstaltungen zu gehen – oder ins Kino. Manche machen das. Die denken sich: Kommt keiner mit – Geh ich halt allein. Ich tue mich dabei echt schwer. Schon die ganze Woche überlegte ich, zum Poetry Slam in die Katt zu gehen.

Einfach mal nur zuhören, ohne selbst auf der Bühne zu stehen. Am Sonntag Nachmittag fange ich an, nach Begleitpersonen für den Abend zu suchen. Keiner kann. Ich bin ein wenig frustriert. Aber war ja auch irgendwie abzusehen. Der Vorverkauf war auch schon vorbei. Dabei wurde extra darauf hingewiesen, dass man diesen bitte nutzen sollte. Vielleicht wäre die Couch auch eine gute Option. Naja und sicherer wäre sie auch – die Couch. Aber irgendwie wollte ich trotzdem los und so zog ich dann alleine zur Veranstaltung.

Dort angekommen, konnte ich tatsächlich noch an der Abendkasse bezahlen und rein. Die Daten wurden erfasst und ein junger Mann brachte mich zum Platz. Ein Kellner brachte mir die bestellte Cola und der Abend begann.

Zwei Stunden Maske tragen war schon nicht so der Wohlfühlfaktor, aber man schafft es. Einige der Poeten kannte ich tatsächlich von meinen Auftritten in Bergisch Gladbach und Wuppertal. Die meisten Texte kannte ich auch. 

Poetry Slam als Live Stream geht auch – zuhause auf der Couch, ohne Maske. Auch ‘ne Möglichkeit. Ist aber anders. Bringt nicht so viel vom Menschen rüber, lässt Kultur für mich nicht so nah ans Herz. Für mich ist das so.

Da stehen sie also vor mir an so ‘nem Abend: Menschen, die gerade nicht so systemrelevant sind. Sie, die trotzdem dafür sorgen, dass neben der Arbeit und den Verpflichtungen deine Seele Nahrung erhält. Dass die Seele lachen und weinen darf, eingehüllt in Worte, die bleiben.

Das Finale war ein Hoch auf Kultur. Lennard Rsr, ein begnadeter Wortakrobat, trug einen Text aus seinem Roman vor. Fast alle seiner Auftritte waren für dieses Jahr abgesagt, wie bei so vielen. Weil halt gerade nicht so sytemrelevant, weil gerade halt nicht so dran. Weil man halt gerade nicht alles schützen kann, weil halt der Kampf gegen das Virus nicht mehr viel Raum lässt für den Erhalt von Kultur. Weil wir einfach nicht alles schützen können. Weil halt irgendwas hinten über fällt. Weil Kultur sich schon von alleine wieder erholt.

Anna Lisa Tuczek, ebenfalls Finalistin des Abends, sang bei ihrem letzten Beitrag ihre eigene Hymne auf die Kultur, auf diese vergangenen Monate, auf all das Sterben einer ganzen Branche. Und sie berührte mein Herz. Sie schrie heraus, was man sich manchmal nicht traut zu sagen. Weil scheinbar nicht wichtig. Weil scheinbar nicht dran…

Und ich saß da hinter meiner ach so sicheren Maske und eine Träne sickerte durch den Stoff. Eine Träne der Rührung, und eine weitere der Wut und eine der Dankbarkeit. Dankbarkeit für alle, die in der Kultur noch irgendwas machen, akribisch vorbereiten und Hygienekonzepte ausarbeiten und durchführen, damit die Seele noch was ab bekommt vom Kuchen namens Leben. Eine Seele, die wie ein Kind nicht auf Dauer still halten kann. Eine Seele, die leise fragt, ob noch was übrig ist für sie. Eine Seele, die nicht buhlt, weil sie keine Lobby hat, weil sie scheinbar nicht so gefüttert werden muss wie gewisse Wirtschaft und Gesundheit.

Und ich verlasse die Veranstaltung mit einem teils schweren Herzen. So tief getroffen von der Unabänderlichkeit des Moments.

Systemrelevanz! Wer legt das eigentlich fest? Irgendwer hat es festgelegt und aussortiert, manches groß geschrieben und anderes verdammt klein. Durchhalten müssen – doch wie lange? Manche werden vergessen in dieser Zeit. Manche scheinen nicht schützenswert, manche müssen’s alleine packen, halt ohne Plan und und ohne Perspektive.

Das wird schon gehen! Weil keine Lobby laut schreit. Ich bin froh, dass ich los gezogen bin an diesem Abend. Auch allein, auch ein wenig für mich. Dieser Abend war besonders – wie vieles in dieser wirren Zeit. 

Ich will den Glauben nicht aufgeben, dass gerade die, die helfen, dass wir das Lachen und Staunen nicht verlieren, genauso systemrelevant sind wie die, die versuchen, den Karren namens Pandemie aus dem Dreck zu ziehen. Wir sind alle Teil der Lösung. Und wir tragen alle dazu bei, dass wir diese Zeit an Körper, Geist UND Seele schaffen.. Wir sind alle systemrelevant- ob man es uns zu oder abspricht! Ich bin dankbar für diesen besonderen Abend! 

Ein Hoch auf all die Menschen, die gerade gegen Windmühlen kämpfen!! Egal welchen Bereich des Lebens sie gerade schützen und bewahren.

Mit Enttäuschungen umgehen

Hier kommt der Artikel, den ich für Burningheartsreport geschrieben habe: https://burningheartreports.blogspot.com/2020/10/thema-des-monats-mit-enttauschungen.html?m=1&fbclid=IwAR1TdcC4Ird5cTAhrZNwK98KZ7K0BbcfPRuza7ZTc3DJ-6U81ySoynFbcvg

Meine Freundin meinte letztens: „Wenn ich den Führerschein mache, werde ich dir erst davon erzählen, wenn ich ihn geschafft habe.“ Ich bin irritiert: „Warum?“
„Naja,“ meint sie, „ vielleicht schaffe ich es nicht und dann bist du enttäuscht von mir.“
Ich schaue sie an: „Und du möchtest nicht enttäuschen, richtig?“ Ist meine Schlussfolgerung. „Genau,“ beschliesst sie das kurze Gespräch,“ ich möchte niemanden enttäuschen.“

Das kenne ich. Auch ich habe hohe Erwartungen an mich selber und möchte dieses Ideal aufrecht erhalten. Ich stelle mich gerne in gutem Licht da, kehre eher nach Aussen was ok und liebenswürdig ist, will ablenken von dem Dunklen und dem „Nicht-Können“, „nichts fertig-bringen“, „zu hoch stapeln“ und „alles-schaffen-wollen“.
Will ablenken von meiner Müdigkeit, meiner Menschenfurcht, meiner niedrigen Frustrationsgrenze, meinen Ängsten und gut behüteten und gesellschaftsfähigen Traumata. 

Ich will gerne, dass die Menschen um mich herum gut finden was ich tue. Deshalb erzähl ich lieber selten mehr von den Dingen, die ich schaffen will. Denn dann kommt ja vielleicht bald raus, dass es mir schwer fällt, mich auf Dinge zu konzentrieren, oder dass ich mehr davon spreche etwas zu tun als es wirklich anzupacken. Und wenn die Menschen dann mein wahres ICH sehen, werden sie ihr Urteil über mich sprechen. Oder sie werden einfach total enttäuscht sein. Ich weiss gerade nicht was schwieriger auszuhalten ist.

ENT – TÄUSCHEN ist aber eigentlich gar nicht so negativ

Das Wort vor dem wir uns doch oft panisch fürchten, ist eigentlich ein gewinnbringendes Wort:
Heisst es ja soviel wie: Raus aus der Täuschung.
Es bedeutet, dass ich lange einer Täuschung erlegen war, dass ich länger mehr erwartet habe als da war. Dann plötzlich kommt das AHA – Erlebnis und ich muss nicht weiter in einer Täuschung leben. Meine Erwartungen, an denen ich so lange festgehalten habe, sind nicht die Realität.
Und auch wenn Enttäuschung uns befreien sollte. Man erlebt es eher so:
Bäääms! Die Blase ist zerplatzt. Wir sind zurück auf dem Boden der Tatsache gefährlich hart aufgekommen. Der andere ist nicht so gut wie ich dachte, nicht so perfekt, nicht so gütig, nicht so liebevoll und nicht und niemals mehr vertrauenswürdig.
Das kann erstmal ein emotionaler großer Crash sein. Es fühlt sich nach Verlust an. Es ist wie ein bitteres Erwachen, das nicht erbeten wurde. Damit muss ich klar kommen und leben. Das muss ich mit einbeziehen in mein Leben und meine Beziehung. Ich muss mich von einer perfekten Welt verabschieden.

Enttäuschungen sind schmerzvoll. Sie zeigen mir, der andere stirbt gerade an meinen Erwartungen. Er ist nicht das, was ich in ihm sehen wollte, er ist menschlicher als ich vertragen kann, er ist nicht nach meinem Bild geformt.

Da habe ich an die wahre Liebe geglaubt und plötzlich nach Jahren festgestellt, dass ich da wohl mehr geglaubt habe als der andere. Da war ich loyal und ehrlich und ernte stattdessen plötzlich Lüge und Hinterrücksgeschwätz. Wenn ich von jemandem enttäuscht bin, rückt das mein Bild von ihm wieder zurecht. Es stirbt aber auch ein Wunschbild. Und ich muss mich damit auseinander setzen. Manchmal lebe ich ganz gerne in einer von mir selbst zusammengebastelten Traumwelt.

Ich bin ein zutiefst emotionaler Mensch.
Ich erleide Enttäuschungen erst einmal mit aller dazugehörigen Dramatik und ziehe mich dann gerne in mich zurück. Das ist mein persönlicher Trauerprozess, der gerade bei Enttäuschungen von Menschen, die mir sehr viel bedeuten, für mich dazu gehört. In diesem Prozess zerdenke ich erst einmal alles: Warum waren meine Erwartungen so hoch? Wie konnte ich mich so täuschen? Der emotionale Schmerz, der das Herz zerfressen will und der mich bitter machen möchte, ist der größte Feind in all dem. Denn, wenn ich nach Enttäuschungen nicht wieder bereit bin zu lieben, wenn ich mich nicht mehr verletzlich zeigen will, nicht mehr auf andere Menschen bauen will, dann verliere ich ein Stück vom Zauber des Lebens.
Und doch dauert es oft lange bis Vertrauen wieder heilt, bis Menschen wieder nah an mich ran dürfen-  gerade die, die soeben enttäuscht haben.
Tatsächlich  hilft es mir, bei all dem Umgang mit Enttäuschungen meinen Blick auf Jesus zu richten, weil er mir in all dem Wirrwarr von Enttäuschungen erstmal wieder Friede schenken kann. 

Etwas was ich durch Enttäuschung leider auch schnell verliere.
Der Frieden kippt, wenn ich dumpf auf dem Boden der Tatsachen angekommen bin, es rüttelt an meiner Vorstellung vom Leben, meinen Erwartungen an den anderen und meinem Vertrauen. Wie begegne ich dem anderen nach all dem? Wie gehe ich in Zukunft mit ihm um? Was kann ich noch glauben?
Das macht mich unruhig und zwingt mich zum Dauerfunktionieren, es scheint mir Leichtigkeit und Freude zu nehmen. Und es klaut den Frieden, den ich sonst mit dieser Welt habe.
Jesus hat mir mal gesagt: Meinen Frieden gebe ich euch! (Joh. 14,27-die Bibel). Darauf stelle ich mich, das will ich. Das sag ich Jesus. Ohne diesen Frieden mach ich nicht weiter!

Denn bei all den Dingen, die ich in Beziehungen kläre, bei all dem was menschlicher ist als ich es möchte, bei all den Enttäuschungen, die einen großen Kraftakt fordern, tut es gut bei Jesus auszuruhen. Ihm sagen zu können:
„Hier! Deine Welt! Hilf mir an den richtigen Stellen wieder Vertrauen aufzubauen. Gib mir gute Freundschaften, hilf mir Erwartungen an andere nicht so immens hoch zu hängen. Lass mich über all dies nicht bitter werden.“

Und vielleicht lehrt es mich auch, dass ich Beziehungen so mit gestalte, dass die hohen Erwartungen aneinander NICHT Maß aller Dinge sind.
Und vielleicht werden dann Enttäuschungen seltener und nicht mehr so dramatisch, weil ich lerne mich nicht mehr so schnell auf Täuschungen einzulassen. Und den anderen auch in seiner Unvollkommenheit und Schwäche stehen lassen zu können. Und ihn trotzdem von Herzen zu mögen!

Shut up and dance with me!

Das ach so soziale Netzwerk “Facebook” erinnerte die Tage an die Live-Musiktour in Wermelskirchen 2019. Ich lag schon im Bett, als mir die Erinnerung angezeigt wurde, und wollte nur schlafen. Aber das Herz konnte nicht. Stattdessen wühlten sich die Gedanken durch meinen Kopf. 
Wir könnten gerade in dieser wirren Zeit ein wenig mehr Musik und Kunst vertragen, ein gemeinsames “Wir schaffen das!”, ein leises “Wird schon wieder!” oder ein einfaches “Shout up and dance with me!”

Und doch ist gerade das, was der Seele vielleicht gut tun würde, ziemlich weit entfernt. Aber vermissen darf man, dachte ich. 
Gerne teile ich hier ein paar Gedanken dazu:

„Und so freuten wir uns auf Selbstverständliches,
Nicht wirklich Nötiges,
Nicht Lebenserhaltendes
Und doch so Willkommenes 
In unserer kleinen Welt!

Wenn das Können von Kunst 
Und das Klingen von Klängen 
und das Lachen von Freunden 
und das einfach zusammen sein wollen,
mal wieder den Atem kurz nimmt. 
Und du merkst es erst dann,
Wenn du es nicht mehr hast 
Weil vernünftiges Leben Vorsicht gebietet.
Aber halt keinen Leichtsinn…
Nur Vorsicht und Argwohn und Denken:
Was wäre denn, wenn…

Und das Verkopfte in mir klopft laut an die Tür und sagt:
Vorsicht geboten!!!
Und Leichsinn verboten!!!
Und ich Schweig. 
Denn der Kopf nickt bedächtig und andere schütteln ihn verächtlich
Vor meinem Wollen und Motzen
Vom heimlichen Dahinrotzen
all dem, was das Herz leise will.
Von Schunkeln und Taumeln
Von Küssen und Staunen 
Von der Welt, die ich liebe 
Von Gedanken, die bleiben 
Vom nicht anhalten wollen 
und nicht loslassen wollen.

Die Klänge berühren den Kopf nur von weitem,
Sie schaffen es nicht,
Mit ihm zu streiten.
Sie verklingen und verstummen an seiner Vorsicht,
Sie verkümmern und sterben
Ganz heimlich, allmählich.

Und wo wir doch so gerne Leben retten wollen in dieser Zeit,
Ich und die anderen 
Die Kleinen und Großen. 
Die, die es doch wissen 
Mit einer Armee von Wissenden im Rücken…
Die mehr wissen um Leben zu schützen 
Als ich, die ich nur die Klänge vermisse 
Und, dass Herzen aneinander reiben
Das gemeinsame bleiben 
Dass Sorgen vertreiben.

Die Klänge, die Herzen heilen 
und Menschen vereinen.
Sie sind nicht lebenserhaltend- nur lebensverändernd,
Sie sind nur kurz einmal da
Und erhellen die Welt Für alle,
Für Vorsichtige und Verkopfte,
Für Freiheitssuchende
Und Kämpfer 
Für alle, die aufgeben und die,
Die es einfach nicht sein lassen wollen 

Und die Klänge, sie klingen 
Auch wenn wir sie nicht lassen,
Sie sind bockig und rufen sich auf unsern Plan.
Sie sind auch dann da und erinnern 
An vergangene Tage
wenn grad keine Zeit ist Für Melancholie.
Die sich nicht darum battlen
Vorsicht zu bieten und vernünftig zu sein.

Wenn die Klänge wieder klingen 
Will ich stehen ganz vorne,
will schief singen und einfach albern sein.
Ich werde tanzen, umarmen 
ohne ängstlich vorahnen
und Die Welt in meinen Händen tragen.

Nächstes Jahr 
klingen gemeinsame Klänge hoffentlich wieder
Dann singt die Hoffnung allein ihre Lieder.
Und dann will ich nicht vergessen:
Klänge sind nicht nur lebenserhaltend sondern lebensverändernd.

Stolpern auf neuen Wegen

Gemeinsam bei JUCA Beach

„Ach jetzt wäre Kirmes,“ geistert es durch die sozialen Medien und ich denke mir: Stimmt, das wäre jetzt. Aber Dank #KackCorona „gehts nicht“ und „gibts nicht“. Der Kloß im Hals wird wieder etwas größer – wie so oft in diesem Jahr. Wieviele schöne Aktionen durften nicht stattfinden. Wie oft habe ich schon gesagt: „Ach jetzt wäre…“
Ach jetzt wären wir auf Schultour mit dem JUCA
https://angiefrowein.de/2019/07/02/hellwach-fuer-den-naechsten/.

rdhdfh
Schultour 2020 – Saymo von http://jacksayfree.com


Doch im Mai war leider keine Schule auf, und daher saßen auch wir vom JUCA in unserem Mini-Lockdown – nicht zu vergleichen mit dem, was man in Spanien und Italien nicht durfte. Aber die persönliche Entbehrung scheint ja meist doch die Schlimmste.

Und so schlendere ich missmutig durch dieses Jahr 2020. Könnte heulen und fluchen, schimpfen und zagen, verschwören und rebellieren.
Ja das alles könnte ich und manchmal tu ich es auch.

Und dann kommt mir noch ein anderer Gedanke. Was, wenn ich aus diesem wirren 2020 gestärkt herauskommen könnte. Was, wenn diese Pandemie mich nicht niederdrückt sondern nach vorne bringt. Was, wenn es nicht darum geht, Altem nachzutrauern, sondern Neues zu wagen.
Es gibt keine Kirmes? Dann lasst uns eine andere Veranstaltung machen.
Und das haben wir gemacht. An zwei Abenden in den letzten zwei Monaten fand „JUCA Beach“ auf dem Marktplatz vor dem JUCA (http://www.your-juca.de) statt.  Es war nicht so groß wie die Kirmes, (es gab auch kein Riesenrad :-)) es war definitiv anstrengender als die Kirmes. Aber es war besonders. Ein kleines Fest abgestimmt auf das was gerade sein durfte.
300 Personen durften hin – 100-200 Personen waren da.
Ein Hygienekonzept entwickeln, danach handeln und dafür zu sorgen, dass auch andere es tun: Man müsste es nicht machen.
Man könnte das Jahr auch einfach abwarten und schauen, was so im nächsten Jahr möglich ist. Das wäre vielleicht voll vernünftig. Aber wenn die Seele sich aufbäumt, geht es manchmal nicht so vernünftig im eigenen Herzen zu.

Ich liebe Gemeinschaft und Umarmungen. Es tut mir gut, mit anderen zusammen zu sein.
Wie sehr freue ich mich, neue Menschen kennenzulernen. Wie sehr geht mir Musik zu Herzen. Und so tue ich, was ich darf im gesteckten Rahmen. Und das ist tatsächlich schon ne ganze Menge. Und weil ich so beschäftigt bin in diesem Rahmen zu agieren, komme ich mir gar nicht mehr so eingesperrt und eingeschränkt vor.
Und ich nehme in Kauf, dass alles anstrengender geworden ist. Überall muss man sich registrieren und die Maske darf man nicht vergessen. Kellner werden unfreundlich, wenn du deren Hygienekonzept nicht direkt verstehst oder Dinge vergisst. Vieles ist einfach umständlicher geworden. Vieles bräuchte ich einfach nicht. Aber ich tu es trotzdem. Ich gehe essen, ich treffe Menschen, ich nehme in den Arm wo es mal wieder dringend nötig ist.
Und ich erwache aus meinem Dornröschenschlaf.
Aus diesem: „Ich will aber das zurück, was ich kenne!“ hebe ich trotzig den Blick zum Himmel und frage Gott, ob er mir nicht was von seiner Hoffnung gibt. Einer Hoffnung, die nicht von den Umständen abhängig ist. Und ich merke, dass ich einfach einmal los laufen muss in dieser Zeit! Dass ich mich aus Starre und Traurigkeit befreien lassen muss, und dass ich Fehler machen darf. Dass ich zweifeln darf, dass ich alles in die Ecke schmeissen darf.

JUCA Beach 2o2o

Aber das Gott mir auch zusagt: Diese Pandemie wirft mich nicht vom Thron: Geh los, sonst fehlt was in dieser Welt!
Und somit werfe ich der Kirmes, der Schultour, all den Festen und Feiern einen feierlichen Kuss zu, halte es wie Marie Kondo und bedanke mich für die gute Zeit. Und dann, dann lass ich los und schaue was neu rein passt in die Zeit.
Vielleicht kommt Altes wieder. Das wäre schön, denn das ist es, was ich kenne. Und wenn nicht, dann wird besseres kommen oder anderes oder wunderbares. Ich laufe los und freu mich über jeden der mit stolpert auf einem neuen Weg!

Piano Man 2020

Hier ein kleiner Einblick in einen Herzensauftritt vom letzten Freitag den 1.08.2020 bei JUCA Beach.

Als ich im Frühling diesen Jahres einsam durch die bergischen Wälder joggte, hörte ich dieses Lied vom „Piano Man- von Billy Joel“ in der Endlosschleife und in mir reifte der Wunsch: Sollten Auftritte vor echten Menschen je wieder möglich sein, würde ich genau zu diesem Lied einen Text verfassen. Musik gepaart mit Poetry berührt mein Herz immer wieder. Und dieses Lied will seit dem nicht aus meinem Kopf.

Und dann eine Nacht vor dem Auftritt als ich nachts neben meinen schlafenden Kids lag, formten sich aus all den wirren Gedanken plötzlich Worte, die sich wenig später auf meinem Mini-Display im Handy wiederfanden.

Unser tolles Musikerduo Freaky Voices, die ich als Musiker und Menschen mehr als empfehlen kann, liessen sich aufs Experiment ein und spielten den Song an und…. ach nun seht selbst:-)

Ich liebe das Lied vom Piano Man.

Besonders weil das gerade so gar nicht in unsere Zeit passt. Es ist meine stille Rebellion, gegen ein kleines „kann- man- nicht- sehen“- Virus, dass die ganze Welt ziemlich kaputt gemacht hat und unser Leben definitiv verändert. Im Lied geht es um einen Haufen Leute, die gemeinsam in einer Bar sind. Es ist stickig, überfüllt, das Mikrofon stinkt nach Bier. Also so, wie wir es bis Mitte März 2020 kannten.
Und dann sind da die Menschen mit ihren Träumen und Sehnsüchten, verhunzten Leben und mit der Bitte, dass der Piano Man sie einfach mal kurz ein wenig vergessen lässt.

Wie wäre wohl der Text, wenn Billi Joel zu Corona Zeit hier in Deutschland leben würde und gerade in der wirren Zeit zwischen März und heute diesen Hit geschrieben hätte. Völlig durcheinander, wann was jetzt schloss, wann was wieder möglich war. Und mitten in dieser verrückten Zeit, gibt es auch immer noch diese Menschen aus dem Lied. Und vielleicht ging das Lied ja dann so:

9 Uhr abends an einem Saturday
und nur wenig Leut dürfen hin.
Mit 2 m Abstand sitzt ein Mann „neben“ mir,
die Maske hängt locker am Kinn.

Er sagt: Spiel mir ein Lied aus der alten Zeit,
vom Schunkeln und gemeinsamen Spiel
So ganz erinner ich mich nicht, denn es scheint so lang her.
Aber ich weiß noch: darum warn wir hier!

Sing us a song you’re the piano manSing us a song tonightWell we’re all in the mood for a melodyAnd you’ve got us feeling alright

Der Barkeeper John weiss nicht, ob er es packt
Und schaut so mutlos drein.
Mit diesem neuen Hygienekonzept
kriegt er auf Dauer die Miete nicht rein.
Er sagt: Hey dieses Leben das kann’s doch nicht sein,
Mein Talent voll verschenkt!
Ich glaub, ich könnte ein Filmstar sein,
Aber Hollywood scheint immer noch dicht.

Da ist Paul ein richtiger Businessman,
Normal reist er viel,
Doch seit Wochen mit den Kindern im Homeoffice,
harmonisch war das leider nie.
Die Kellnerin kommt mit Mundschutz zum Tisch
Mit Zettel und Stift
„Hier tragt erstmal die Daten ein!“
Und heute trinkt sie auch keinen mit.

Sing us a song you’re the piano manSing us a song tonightWell we’re all in the mood for a melodyAnd you’ve got us feeling alright


Es sind kaum Menschen für eine Samstagnacht
die meisten bleiben fern.
Da ist berechtigte Angst und haltlose Furcht
Und manche haben’s auch nicht gepackt.
Und das Keyboard schreit die Wut in die Nacht
Das was man nicht ändern kann.
Das Hoffen und Bangen und einmal sorglos sein wollen,
Und das leise: Wir schaffen auch das!

* gewidmet all den wundervollen Künstlern da draußen, deren Musik grad so selten live klingt. Ich vermisse es so sehr!
Danke an all die Mutigen, die unser gesellschaftliches Leben nicht ganz sterben lassen…