Abendmahl = Gott hat dich lieb

Ich feiere heute das Abendmahl,
weil ich mich kurz erinnern will,
wie gut du es mit mir meinst.
Ich tue es auch dann, wenn noch nicht alles okay ist,
denn ich weiss:
Durch dich wird alles gut.
Ich nehme den Kelch und erinnere mich
an das Blut, dass du vergossen hast,
für meine Unfähigkeit zu lieben,
für meine Selbstsucht,
für meinen Mangel und meine schräge Sicht auf diese Welt.
Du hast geblutet und gelitten,
weil du wolltest,
dass ich es nicht tun muss.
Dass ich mich an dich drücken kann,
wie ein Kind das bei seinem Papa macht,
auch wenn noch nicht alles gut ist,
auch nach einem komischen Tag.
Ich erhebe mein Glas auf dich,
meinem Freund und Heiland,
auf den, der nicht geht,
nur weil ich woanders hin unterwegs bin.
Ich erhebe mein Glas auf dich und erinnere mich dankbar,
dass du mich so sehr liebst,
dass du mich retten wolltest
und es am Ende auch getan hast-
auch wenn du nicht auf meine Dankbarkeit zählen konntest.

Ich sitze hier und breche das Brot,
oder den Keks oder die Waffel
und es erinnert mich dran,
dass du nicht schuldig warst
und trotzdem gestorben bist
wie ein Verbrecher, wie einer der Schuld hat.
Grausam haben sie dich hingerichtet,
über dich gelacht und dich verspottet.
Dankbar esse ich das Brot,
weil ich dir danken will,
dass du das durchgehalten hast.
Weil du das Leben deiner Menschen vor Augen hattest.
Weil du auch mich gesehen hast.

Daran will ich mich erinnern,
in diesem alten Brauch namens Abendmahl.
Ich nehme es ein ohne Furcht vor dir.
Und meine Kinder sind Teil vom Ganzen.
Für sie ist Beziehung mit dir einfach,
nicht so vom Leben gezeichnet
nicht mit so viel „wenn und aber“,
ohne all diese Fragen.

Abendmahl, ich erinnere mich,
dass du mich liebst – weil du bist wie du bist.
Weil du dich nicht klein reden und entmachten lässt
von unserer kleinen Welt.
„Ich hab dich lieb“ – sagt mir die Bibel,
wie man es einem Kind immer wieder sagt,
weil man es im tiefsten Herzen fühlt.

Ostern ist Dunkelheit und Scheitern am Karfreitag
banges Warten und angstvolles Ausharren.
Ohne Schatten beachtet man selten das Licht.
Am Ende mit einem großen Happy End für die Menschheit.
Das auch gilt,
wenn Leben um uns dunkel bleibt.

Ich feiere heute das Abendmahl,
weil ich mich kurz erinnern will,
wie gut du es mit mir meinst.
Ich tue es auch dann, wenn noch nicht alles okay ist,
denn ich weiss:
Durch dich wird alles gut.

Freundschaft mit Happy End!

Dieser Petrus!
Was hatte er geprahlt und behauptet, dass ER seinem Meister treu bleiben wollte. Er hatte es gesagt, als er zwischen den anderen Jüngern am Tisch lag. Als er in der Gruppe zusammen saß. Jesus hatte komische Dinge angedeutet, Merkwürdiges erzählt. Aber Petrus dachte, bei Jesus würde alles gut werden. Siegessicher in der Sache waren sie noch am Palmsonntag nach Jerusalem eingezogen. Wurden bejubelt und willkommen geheißen. Ein Hoch auf das Leben, was gerade stattfand. Er wusste, alles würde gut.

… und dann als die Nacht kam, die Soldaten, der Verräter. Als alle riefen: „Kreuzigt ihn! Wir wollen ihn nicht!“
Da war es dann plötzlich dunkel und feindselig um ihn herum. Kein Jubeln mehr und keine „Willkommens“- Rufe.
Vielleicht dachte er: Ach, wenn doch wieder Palmsonntag wäre.
Nur noch mal die Gemeinschaft erleben, die Freude, den guten Blick in eine siegreiche Zukunft. Doch plötzlich hatte sich das Blatt gewendet, plötzlich war alles, was noch vor Kurzem so klar und sicher schien, weg.
Und dann kam die Angst, die Angst eines starken Mannes, in der Dunkelheit und bei dem argwöhnischen Fragen der Menschen um ihn herum. Und er wusste: Wenn ich jetzt bekenne, dass ich zu Jesus gehöre, dann bin ich mit dran, dann verlier ich, dann sterbe ich.

Ich kann seine Angst so gut verstehen: Dieses Angst, die frisst und nimmt und einengt. Die Angst, die den Blick nach vorne verschliesst, wenn der Weg neblig und hoffnungslos erscheint. Ich kann ihn verstehen – diesen Petrus. Es könnte meine Geschichte sein. Immer wieder in diesem Leben.
Wenn Wege schwierig sind, will ich auch oft zurück zu den glorreichen Zeiten, zu Leichtigkeit und Lachen. Wenn ich hetze oder versage oder die Welt das für mich übernimmt, dann sehne ich mich auch zurück nach Palmsonntag. Dann will ich keinen Karfreitag. Und dann schäme ich mich für meine Angst, die mich Dinge tun lässt, die ich ohne diese lähmende Angst nie tun würde. Dann bestimmt die Angst meinen Weg. Auch dann, wenn ich doch Jesus kenne. Dann tauche ich kurz ab, will nicht weiter gehen – will rückwärts zu den schönen Tagen, will und kann nicht mutig sein.

Doch Karfreitag ist nicht das Ende der Ostergeschichte. Der Ostersonntag kommt und verändert den Lauf der Geschichte. Die große Auferstehung findet statt, das riesige unermäßliche Geschenk. Doch Petrus begreift es nicht. Er ist drin in dem Strudel von Angst und Scham. Er ist am Boden, denn er hat auf ganzer Linie versagt. An einer Stelle heisst es, dass er ging und bitterlich weinte. Es war ihm klar, dass er nicht der Starke war, der die Dinge im Griff hatte. Dass gerade ER es nicht schaffte, mutig zu sein. Gerade er! Das muss ein Schlag ins Gesicht gewesen sein. Vielleicht hätte er die ganze Ostergeschichte verpasst, weil er sich nicht gewagt hätte, noch mal aufzustehen. Angst macht so viel mit uns – und nimmt so viel.

Nach seiner Auferstehung begegnet Jesus seinem ängstlichen Petrus. Das ist die Kehrtwende. Er geht zu seinem scheinbar starken Mann, der sich wohl eher gerade wie der größte Depp von allen fühlt. Er sieht ihn an und fragt nur das eine: „Hast du mich lieb?“
Und Petrus, getroffen in seiner Angst, wagt die Antwort und flüstert vorsichtig.
„Ja, ich hab dich lieb“
Und Jesus fragt ihn noch zwei mal und holt Petrus damit Stück für Stück aus seiner Angst. Er rüttelt an ihm und erinnert ihn daran, wieder aufzustehen. Er lässt Petrus nicht in seiner Schuld. Es ist nicht das Ende.
Das macht mir immer wieder Mut.
ER gibt diesem Mann noch in seiner Angst einen Auftrag. Er glaubt an ihn!
WOW! Was für ein Vertrauensvorschuss.
„Weide meine Lämmer, bau meine Gemeinde.“
Was Petrus wohl gedacht haben muss:
“ Nimm nicht mich! Du weisst ja wo das hin führt. Da ist soviel Angst in mir, soviel Zweifel, soviel großes Reden und keine Taten. Jesus tu dir das nicht an.“
Aber Jesus sagt es ihm:
„Petrus, weide meine Schafe!
Sei wieder präsent. Nimm wieder am Leben teil. Gib mir deine Angst und nimm dafür meine Hand und dann lauf los im vertrauen, dass ich bei dir bin.“

Ich würde gerne von Herrlichkeit zu Herrlichkeit laufen. Ich liebe Lachen und Tanzen und das Leben geniessen. Ich würde gerne von Palmsonntag direkt zu Ostersonntag hüpfen. Aber irgendwie gibt es da noch den Karfreitag dazwischen. Und es zeigt mir, Gott ist nicht fertig mit mir, wenn mich der Strudel der Angst ergreift, oder die Wut oder die Ohnmacht. Er hält aus meinen Verrat, den ich nicht will und doch immer wieder tue. Er bleibt bei mir seinem Möchtegern – Petrus 😉

Er sieht meine Angst – aber die haut ihn nicht vom Thron. Er gibt seinen Auftrag, er traut mir etwas zu. Er bahnt den Weg durch den Nebel der Angst: „Geh und bau meine Gemeinde, weide meine Lämmer! Sei präsent! Hör nicht auf, wieder aufzustehen. Sei mutig und kühn – trotz deiner Angst. Immer einen Schritt vor den Nächsten. Mit dem irrsinnigen Glauben, dass dein Tun diese Welt aus den Angeln heben wird und dafür sorgt, dass sie endlich heilen darf.“

Und wenn mein persönlicher Karfreitag wieder da ist und die Angst wieder nach mir greift und alles zunichte machen will, nimmt Jesus mich wieder an die Seite und sagt: „Hey, hast du mich lieb?“
Und ich schau auf und flüstere unsicher: „Ja?!“
Und er legt seinen Arm um meine Schulter und ruft:
„Na, dann los. Lass uns diese Welt verändern! – Trotz der Angst!“

Mal wieder an der Krippe sitzen

Advent als Vorbereitung auf die Ankunft von Jesus in dieser Welt, erschien mir dieses Jahr eher wie ein zu schnell fahrender Zug, der mich an allen besinnlichen Vorweihnachtsmomenten vorbei jagte.
Ich wollte alles gut machen, Dinge in den Griff bekommen, gute Beziehungen pflegen, auf mich acht geben und mir Zeit nehmen. Und das am besten alles noch VOR Weihnachten. Denn dafür ist der Advent doch da. Zum langsam werden und inne halten. Staunen über das Licht, das in die Welt kommt, um diese Welt einmal mehr zu erlösen.

Jetzt am frühen Morgen des Heiligen Abend will ich bedauern und mich beklagen über mich und meine rastlosen Gedanken. Übers nicht geschafft haben und gescheitert sein an meinen doch so hohen Erwartungen.

Und doch setz ich mich stattdessen kurz zur Krippe und blicke in die Augen des Jesuskind. Da ist keine Verurteilung und kein Tadel, kein „hättest du doch“ und „ warum kannst du nicht anders sein“.

Auch wenn meine nie ruhen wollenden Gedanken das einfach nicht kapieren wollen, geht es an Weihnachten doch um einen Gott, der als kleines Kind in diese Welt kam. So schutzlos und so winzig. Und das war sein Plan – es gab keinen Plan B!
Fast schon lächerlich wirkt dies für einen Gott, der doch eine ganze Welt geschaffen hat. Und was tut er hier? Er schickt ein Baby, ein Kind das lernen muss, das abhängig ist von Fürsorge. Und doch hat dieses Kind die Welt so sehr aus den Angeln gehoben, dass ich gerettet bin für immer. Das macht doch keinen Sinn!!

…. Und Gott hatte einen Plan und sein Plan war gut!

In jedem Moment – auch dann, als es nicht danach aussah. Als jeder Plan sinnvoller erschien, als eine stinkige Geburt in einem abgeranzten Stall. Er hätte alles anders machen können. Königlicher, würdevoller. Schneller und perfekter! Hat er aber nicht. Er nutzt das menschliche, das unvollkommene, das lernende, das was wir einfach nicht verstehen können. Und das passte in seinen Plan. Nein- das WAR sein Plan 🤷‍♀️!

Und das macht mir Mut, an dieser Geschichte dran zu bleiben, auch wenn es definitiv nicht in mein Denken passt:

Gott ist nicht abhängig von meinen perfekten Vorbereitungen oder all den umgesetzten guten Vorsätzen. Er ist da als Vater, als Friedefürst und Retter. Er kommt klar mit meinen Zweifeln und meinen Nöten, mit verworrenen Zeitplänen und verbockten Beziehungen. Er hat offene Arme und sagt: Nimm Platz an meiner Krippe, sei Teil einer komischen Geschichte, die so keinen Sinn zu haben scheint. Er feiert mit mir Advent und Weihnachten in den Momenten, in denen ich mich am wenigsten würdig dafür empfinde. Denn er ist Gott, der diese Welt erschaffen hat. Er ist fähig mich zu retten. Trotz meiner Geschichte und meinen Rückschlägen. Er packt rein in meine einzigartig schräge Welt.

Bevor ich heute schlafen gehe, denke ich an Gott, wie er sich aufmachte, Menschen wie mich zu retten, aufzubauen und neu zu befähigen. An seiner Hand kann ich Dinge besser machen und Advent jeden Tag meines Lebens neu versuchen zu feiern. Ohne zu hoch gesetzte Ziele und überstrapazierten Perfektionismus- einfach als Kind an der Hand seines Vaters, stolpernd und kläglich und doch geliebt für immer!
Wenn ich dies mehr und mehr begreifen könnte, vielleicht würde ich dann öfter an der Krippe sitzen. Mit dankbarem Herzen. Dankbar, dass er mich gemeint hat, als er sagte:

Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren… (Lukas 2,10)



Und plötzlich fing er an zu singen …

Heute war ich auf einem Geburtstag. Um mich herum: Alte Menschen.
Die meisten irgendwie krank und vom Leben gezeichnet. Krebs, Demenz und andere „Alterserscheinungen“ waren Thema und ich als völlig (Gott sei Dank) Ahnungslose, die zwar Menschen kannte, die krank waren, aber selber so völlig aktiv im Leben stand, hörte den Geschichten um mich herum zu. Wer da so wie krank war und, dass der und die ja schon gestorben waren.
Die Stimmung war aber gar nicht niedergeschlagen, sondern irgendwie recht sachlich, pragmatisch. So als erzählte man sich in einer Kleingruppe über die unabänderliche Schwere des Altwerdens und nahm es als einen Teil des Lebens hin – der einfach dazu gehörte. Und plötzlich fragte ein älterer Herr, der schon die ganze Zeit recht viel geredet hatte, die Geburtstagsoma, welches Lied sie sich denn wünschen würde. Nachdem diese zwei mal nicht genau verstand was er wollte, nannte sie ein Lied und ich dachte schon, dass er wissen wollte, welches Lied sie sich für ihre Beerdigung wünschen würde. Das fand ich dann doch etwas makaber- hätte aber in den Gesamtkontext gepasst.
Aber entweder wollte er jetzt für die Beerdigung üben oder es ging wirklich um ein Geburtstagsständchen… denn plötzlich fing er an zu singen. Und alle am Tisch sangen mit, ausser mir. Denn das Lied kannte ich nicht.
Es war ein altes Kirchenlied und es handelte von Jesus, der trägt und hält. Als alle so sangen und versuchten, die einzelnen Strophen zusammen zu bekommen, spürte ich einen unheimlichen Frieden, der diesen Raum schier durchflutete. Jeder dieser alten Leute war zutiefst gläubig und mit manchen hatte ich schon in der Vergangenheit hitzige Diskussionen über Gemeinde, Glaube und Jesus geführt. (Ja, meine Liebe zur Diskussion macht auch vor alten Leuten nicht halt… und ich kann sehr hartnäckig sein – die aber auch). Und so spürte ich, wie der Glaube an Gott uns in diesem Moment vereinte. Trotz unterschiedlicher Ansichten und Traditionen. Trotz jugendlichem Besserwissen und Altersstarrsinn. Trotz eigenen Vorstellungen und Befindlichkeiten.

Wenn ich mal alt bin, will ich diese Hoffnung auf ein ewiges Leben bei Gott auch immer noch haben. Wie diese Geburtstagsgruppe. Dann will ich auch Lieder auf meinem Geburtstag singen. Lieder, die mir weiter Mut machen und mir von Gottes Liebe erzählen. Einer Liebe, die nie kaputtgeht, nie weggeht, und immer gleich stark ist.
Wenn ich am Ende mit meinen alten gebrechlichen Freunden und Weggefährten an einem Tisch einer bergischen Kaffeetafel sitze und mein Mann mir vielleicht die runzelige Stirn glatt streicht, weil meine Sorgenfalten einfach nie verschwinden wollen, dann will ich nicht meckern und motzen und klagen und weinen. Ich will ein Lied anstimmen und den Löffel vom Nachtisch behalten, weil ich weiss, das beste kommt noch… Und es bleibt – eine ganze Ewigkeit!

Spuren, die wir hinterlassen

Ich war heute mit dem Auto in der Waschanlage und es war bitter nötig. Nach drei Wochen Schuleinsatz und dem darauf folgenden Urlaub schrie mein Fahrzeug mich förmlich an: Bitte, take care! Vergiss mich nicht.
Also bin ich gnädig und fahre durch die Waschanlage, halte einen kurzen Plausch mit den freundlichen Herren, die in der Waschanlage immer rauchen und dabei mein Auto schrubben. Ich kann ja echt viele Sachen gleichzeitig – aber das übersteigt selbst meine weibliche Kompetenz.
Ich grinse in mich hinein und lasse mich dann samt Fahrzeug durch die Anlage schieben. Am Ende sieht mein Auto wieder schön aus und der meiste Dreck ist runter.
Ich liebe diese Momente immer und gönne dem Auto dann noch eine kurze Innenreinigung. Also ich sauge kurz, meine ich damit.

Als ich so vor dem Gefährt stehe, bewaffnet mit dem surrenden Staubsaugerschlauch fällt mein Blick auf die Kratzer, die mein letzter Crash hinterlassen hat. Da wo ich mein Fahrzeug vor einigen Wochen in dieses Metallgartentor einer alten Dame rollen liess, weil ich die Handbremse nicht angezogen hatte.
Ich dachte, dass es nach der Reinigung vielleicht nicht mehr so derb und häßlich aussehen würde. Doch selbst all die Mühe der rauchenden Waschanlagenbetreiber konnten nicht komplett entfernen, was offensichtlich war. Das Ergebnis meines Fehlverhaltens.
Und während ich so lustlos vor mich hinsauge, hänge ich meinen Gedanken nach. Mein Fehler und meine Vergesslichkeit haben Spuren am Auto hinterlassen und ich werde mich noch länger daran erfreuen müssen. Und auch wenn ich weiss, dass es nur ein Auto ist und ich dankbar bin, dass keiner zu Schaden gekommen ist, schmerzt es ein wenig.

Es lässt mich darüber nachdenken, dass meine Fehler im Leben sichtbare, schmerzende Spuren hinterlassen – und das nicht nur auf dem Lack eines Fahrzeuges.
Da wo ich verpasse, Gespräche zu suchen, da wo ich laut werde und ungerecht bin, da wo ich falsch plane und lieblos bin, all das hinterlässt Spuren in dieser Welt. Offensichtliche Kratzer an Beziehungen, Türen, die zu gehen, enttäuschte Menschen und verpasste Träume. Und ich fahre weiter mit offensichtlichen Macken und Verletzungen an mir und dieser Welt. Und sie zeigen sich häßlich und machtvoll und erinnern mich immer wieder und wieder: Das hast du nicht geschafft. DU hast es nicht gut gemacht. Versuch es gar nicht erst wieder. Trau dich nicht noch einmal. Sieh dir das Desaster an und dann sieh, was du hinterlässt. Und es fährt mit mir – jeden verdammten Kilometer.

Manchmal sage ich Gott: Lass mich nicht nur sehen, was mein Fehlverhalten anrichtet. Lass mich sehen, wo du durch mich diese Welt umarmst, wo du durch mich aufrichtest. Gib mir einen wertschätzenden Blick für meine kläglichen Versuche, diese Welt zu lieben.

Und dann sind die Kratzer, die ich verursacht habe auch eine Erinnerung daran, dass ich nicht perfekt durch diese Welt stapfe, dass ich wie jeder andere Mensch an mir und meiner Welt arbeiten muss. Dass nicht alles gut sein muss um wertvoll zu sein. Und dass ich in dieser Welt und darüber hinaus einen Retter habe, der mich zuerst geliebt hat. Der größer ist als ich selber, der wahrhaftiger ist, barmherziger und gnädiger. Und der in mir etwas Großes schafft: Die Fähigkeit zu lieben, aufzustehen und immer wieder weiter zu gehen. Nicht in geduckter Haltung und voller Selbstverdammnis. Sondern als jemand, der sich geliebt weiss.

Neben dem umbarmherzigen Blick auf das, was nicht gut ist folgt ein dankbarer Blick auf die Situationen, in denen ich vielleicht gute Spuren hinterlasse habe. Wo ich einen Schritt beiseite trete und Gott machen lasse, da wo ich innehalte und anderen Menschen den Vortritt gebe. Da wo Freundlichkeit das letzte Wort hat. Da wo ich abwarten kann und vergebe. Da wo ich nicht Maß aller Dinge sein muss.

Und dann will ich sehen, dass nicht mein Versagen meinen Wert bestimmt und auch nicht die vermeintlich guten Taten. Sondern, dass Gott mich kennt und liebt, und dass selbst meine Fehler IHN nicht vom Thron werfen. Ich darf Lernende sein in dieser Welt, ich darf wie ein Kind an der Hand seines Papas alles versuchen, ausprobieren, verschönern, wieder aufstehen, bekennen und in allem gewiss sein, dass die Welt nicht von mir abhängt und dass Gott trotzdem durch mich ein Stück seines Königreichs baut.

Kratzer an Autos können repariert werden.
Irgendwann werde ich diesem Ereignis barmherziger gegenüberstehen.
Und doch will ich eine Lernende bleiben. In all den Situationen, in die Gott mich stellt. Ich möchte nie glauben, dass ich alles begriffen habe – sondern immer auf dem Weg bleiben. Ganz nah an meinem Schöpfer.

Am Ende meines Lebens werde ich vielleicht mit aufgeschürften Knien, Wunden, Narben und Verletzungen an der Tür des Himmels knien. Und Gott wird einfach „Willkommen zu Hause“ sagen und mich in die Arme nehmen. Eine ganze Ewigkeit lang.