Abschied nehmen, weiter gehen

Heute war so einer dieser Tage, der emotional packend, etwas ermüdend und am Ende dann doch wunderschön war.
Nach einem ziemlich blöden Corona-Jahr im Kindergarten haben wir heute den Abschied „gefeiert“. Vorbei sind die Kindergartenjahre und wenn ich das Foto von ihrem ersten Tag anschaue und sehe, was aus der kleinen Lady geworden ist, bin ich stolz und dankbar. Klein war sie, ach man so eine Minimaus mit ihren gerade 2 Jahren.
Da tapste sie mit ihrem kleinen Windelpopo durch die Kindergartenräume und fühlte sich sichtlich wohl unter all den anderen Kinder. Im Gegensatz zu ihrem Bruder ist Tara immer gerne in der Kita gewesen. Sie hat begeistert neue Freundschaften geschlossen, selbstbewusst all das in sich aufgesogen, was es zu lernen und zu entdecken gab. Ach was habe ich die Zeiten im Kindergarten genossen, durfte so oft Teil davon sein und spürte, dass ihr all das so gut tat. Biblische Geschichten, basteln und spielen: Das war für sie immer ein Fest und kurz schlucke ich, dass dies nun Vergangenheit ist.
Das letzte Jahr hat mir geholfen, langsam Abschied zu nehmen. Dank Corona war der Regelbetrieb sichtlich eingeschränkt und ich hatte die Anlage seit nun mehr einem Jahr nicht betreten dürfen. Als ich heute in den Kindergarten kam, maskiert und mit dem Eis für die Abschiedsfeier bewaffnet, erlebte ich den Zauber dieser wertvollen Zeit einmal neu. Da kam er hoch der Kloß im Hals, das „Nicht-Abschied-nehmen-wollen“. Das Abschiednehmen war diesmal so grausam unspektakulär und irgendwie gefühlt herzlos. Fehlten sie doch die Ganggespräche der letzten Monate, das dabei sein und immer mal wieder vor Ort sein und kurz mit der Kleinen spielen bevor ich den Kindergarten für den Morgen wieder verließ.
Zwar fand fast das gesamte Vorschulprogramm und sämtliche Ausflüge statt und die Erzieherinnen leisteten großartiges. Aber Corona schwebte wie eine gefährliche dunkle Wolke über allem. Zwei mal Quarantäneanordnungen gab es im vergangenen Jahr. Das war der Kleinen oft schwer zu erklären und dem eigenen Herzen ebenso. Wie viel Unsicherheit war da. Wie oft habe ich gedacht: Wat ne Sch.. Zeit!
Und ich frage mich, wie hat meine Kleine das alles verkraftet? Wurde sie abgehängt, wie es so oft hieß, hatte sie Schade genommen?
Ich glaube nicht. Dafür haben wir und viele Menschen um uns herum alles mögliche getan. Dankbar bin ich für Menschen, die zwar Vorsicht geboten und die Regeln eingehalten haben. Aber daneben dem ganzen auch den aufgeputschten Angstschrecken genommen haben. Aber es war anstrengend, und oft lagen die Nerven, auf jeden Fall meine, etwas blank. Und doch sind wir wie viele andere bewahrt geblieben. Das ist ein Geschenk und ein Segen. Das Virus hätte uns treffen können, denn wir haben alles getan was der Seele gut tat und irgendwie erlaubt war.

Jetzt bin ich froh, dass Ferien sind. Kein frühes raus müssen, kein Stress (oder nur den, den ich mir trotzdem mache), Vorfreude auf den Urlaub und die Schule. Keine Quarantäneangst für mindestens 6 Wochen.
Ich will nicht mit Angst in die neue Phase starten – sondern mit Dankbarkeit und Gelassenheit. Was morgen ist, das kann ich nicht sagen: Aber ich kann den Alltag so gestalten, als wäre alles gut. Gott flüstert mir zu. Lege deine Sorgen nieder, leg sie ab in meine Hand. Darauf will ich vertrauen!

Nach einer ziemlich stressigen letzten Woche vor den Ferien, ging es heute mit Mann und Freundin plus Kindern ins Schwimmbad. Erst dachte ich, dass ich dafür keine Kraft mehr haben würde. Bitte nicht noch einen Termin!
Aber als ich dann an diesem heutigen Nachmittag mit den Kindern im Wasser planschte, sah wie toll die Kleine und der Große schwammen, und mir nebenher noch einen Extra-Cappuccino mit der Freundin gönnte, da merkte ich wie ich zur Ruhe kam und wie gut diese Auszeit aus dem Alltag war. Der Akku ludt sich wieder auf, die Lebensgeister kehrten gesammelt zurück, Freude füllte mein Herz. Es war so wunderschön! So etwas muss einfach immer mal sein.

Heute habe ich Abschied genommen und neues willkommen geheissen und nebenbei einfach in den Tag gelebt!
Ob wir oder andere Schaden nehmen in dieser unsicheren Zeit, können wir mit gestalten. Wir haben zum Teil in der Hand ob wir mit Angst leben oder dem Tag die Chance geben trotz der Unsicherheit etwas wunderbar zu werden. Dabei kanne es helfen, wenn wir immer mal wieder das Herz mit seiner Furcht ernst und in die Arme nehmen, kleine Oasen schaffen, Gelassenheit in den Alltag transportieren und in allem die Gewissheit gewinnen, dass wir das alles nicht alleine schaffen müssen.
Ich wünsche dir Mut zum Abschied nehmen und Vorfreude auf das was gerade gutes vor dir liegt -sei es noch so klein!

Und plötzlich bist du Schulkind …

Ich bin kein Freund von Abschieden.
Wer ist das schon. Ich hasse es grundsätzlich, Dinge los zu lassen. Altem und Bewährtem „Lebe wohl“ zu sagen und den nächsten Schritt nach vorne zu tun. Aber manchmal kann man Abschiede nicht aufschieben oder ignorieren. Sie finden einfach statt diese blöden Abschiede, ob man sich nun vorbereitet hat oder nicht, ob man daran teilhaben will oder nicht. Sie geschehen und man selber muss damit klar kommen.

So auch bei uns in diesem Sommer: Unser Sohn kommt in die Schule und das heisst: Kindergarten adé!
Vier Jahre gehen so schnell vorbei und ich kann sagen, dass ich jedes einzelne davon genossen habe. Und, dass wir ziemlich viel Glück (wenn man es denn so nennen will) mit der Wahl des Kindergartens hatten.
Es war noch DAS Jahr (und es war tatsächlich das letzte Jahr) in dem wir die Kita noch auswählen durften. Wir durften uns verschiedene Konzepte anschauen und prüfen und überlegen und am Ende etwas aussuchen, was zu uns passte. Und das schönste daran:
In 90 % aller Fälle bekamen wir dann diesen Wunschplatz. Es gab noch nicht den erschreckten Ausruf: „Oh nein, ich bekomme gar keinen Platz!“ oder: „Naja, der Kleine geht jetzt in den Kindergarten XXX. Ist war nicht unser Wunschkindergarten, aber besser als gar nichts.“
Wenn ich andere Mütter in den Jahren danach gesprochen habe, tat es mir in der Seele weh, dass man kaum mehr mit entscheiden durfte, von wem das Kind in diesen Jahren mitgeprägt werden durfte. Man war einfach froh, wenn man irgendwo „unter kam“

Mir persönlich war es wichtig, dass unser Sohn christliche Werte vermittelt bekommt. Nicht nur Zuhause sondern auch im Kindergarten. Wir wollten, dass er mit Leichtigkeit und Freude Geschichten aus der Bibel hört, Lieder singt, Wertschätzung erlebt und dass er Spass an der Zeit im Kindergarten hat.
Unser Sohn ist so ein Kandidat, der grundsätzlich immer lieber Zuhause geblieben wäre, als in den Kindergarten zu gehen, aber trotzdem war es eine gute Zeit für ihn und ich blicke dankbar zurück. Viel von dem, was er jetzt von Jesus weiss, hat er da von tollen Pädagogen gelernt. Die Selbstverständlichkeit, dass Gott ihn liebt und bei ihm ist, Wertschätzung und Annahme. Alles so kindgerecht und ohne Druck.
Für uns Eltern hatten die Erzieherinnen und die Leitung immer ein offenes Ohr und wir haben bei Problemen immer wieder besprochen und überlegt, wie man am besten vorgeht. Das Kind war wichtig – aber nicht der Mittelpunkt der Welt. Es gab Konsequenzen für schlechtes Verhalten und viel Aufmerksamkeit für das was er konnte und woran er Spass hatte – auch wenn es noch so banal und manchmal ziemlich absurd war. Das war besonders und für uns ein totales Geschenk. Als das will ich es nehmen, wenn wir dieser Zeit „Lebewohl“ sagen.

Nach dem „Lebewohl“ im Kindergarten hiess es dann: Hallo Schule!
Und so saßen wir dann am ersten Elternabend kurz vor den Sommerferien zusammen mit vielen anderen Eltern in der Turnhalle und die Rektorin machte uns in ihrem doch etwas empathielosen Endlosmonolog klar, dass jetzt eine neue Zeit anbrechen würde. Und wir unsere Kinder jetzt mal los lassen sollten.
„Ja, total easy,“ dachte ich.
Gestern haben noch alle erwartet, dass ich mein Kind zur Kita bringe und da auch wieder in Empfang nehme. Und jetzt wurde ich für die Frage getadelt, ob man sein Kind denn noch an der Schule abholen müsste oder ob sie es einfach alleine nach Hause schicken würden.
„Frau Frowein, ihr Kind geht jetzt in die Schule – da ist das normal, dass es das alles alleine macht. Das kriegt der schon hin. Da müssen sie jetzt mal loslassen!“
Ok, ja danke für dieses Gespräch! Ich wusste gar nicht, dass das so automatisch nach sechs Wochen Sommerferien funktioniert. Aber ich lerne ja gerne dazu.

Also lasse ich brav los, mehr weil ich muss, nicht weil ich mich irgendwie dazu bereit fühle. Nicke brav bei all den Anweisungen zum Thema „Schule“. Höre Pädagogen zu, die ich nicht kenne und hoffe weniger, dass mein Sohn das schafft – sondern eher, dass ich es schaffe.
Und dann, wenn kein anderer meine Gedanken kommentieren und bewerten kann, schlucke ich kurz und denke all die Gedanken, die man sich vielleicht als Mutter trotzdem macht – auch wenn sie nicht rein zu passen scheine in eine Welt voll von emanzipierten Supermamas, dir ihre Kinder losrennen lassen und nur winkend dahinter stehen und froh sind, dass sich jetzt irgendwer anders kümmert.

Denn ich mache mir Sorgen, ein wenig darum, wer das denn sein wird, der sich jetzt um mein Kind kümmert. Denn es wird geprägt von denen, die ihn nun lehren. Es wird einen Einfluss geben, der ihn bestärkt oder entmutigt.

Nicht jedes Kind kann alles gleich gut. Er wird seine Schwierigkeiten haben und Dinge nicht gut können. Anderes vielleicht schon. Wie wird das sein in der Schule? Was wird das für eine Botschaft für ihn sein? Wird er seine Liebe zum Lernen behalten? Wie werden Konflikte gelöst, wie Probleme besprochen? Werden Menschen da sein, die das in ihm und in jedem anderen Schüler sehen, was es wert ist, dass man sich darum kümmert? Etwas, was er überragend gut kann oder etwas, was er einfach nicht hinbekommt. Wie kann so was gehen bei diesen Klassengrößen….
Ein wenig hilflos schaue ich mir diese Gedanken an, die ich mir nicht machen sollte, weil „er das schon hinbekommt“… und erschrecke, dass ich mir diese Gedanken trotzdem mache.

Ich merke, dass ich wieder Abschied nehmen muss. Abschied davon, es im Griff zu haben. Dass ich ihn bewahren kann. Dass er noch so klein ist, dass erwartet wird, dass ich mich kümmere. Ich nehme Abschied von einem Stück Kindheit.
Wenn ich zur Ruhe komme und es schaffe, meine Sorge bei Gott zu lasse, kommt mir der Gedanke, dass ich mein Kind von Gott nur geliehen bekommen habe, aber das es SEIN Kind ist. Dass Gott seine Hand über ihn hält. Dass er ihn bewahren will und andere vor ihm. Dass ich zwar im Plan mit drin stecke und immer noch präge und immer noch helfe und unterstütze. Aber dass da, wo mein Kind dann morgens das Haus verlässt – ich loslassen muss. Nicht in eine Schule und auch nicht zu Lehrern und Mitschülern. Sondern, dass ich ihn ganz bewusst in Gottes Hand gebe und IHN machen lasse. Dass ich ihn segne und dann losschicke. In dem Bewusstsein, dass der Gott, der ihn geschaffen hat, seinen unverwechselbaren Plan für sein Leben hat. Er wird ihn durch Gutes führen und in Schlechtem bewahren und ihn lehren.

Ich sehe mich nicht als Helikoptermutter (auch wenn das jetzt wohl JEDER Leser schon in mich hinein analysiert hat 😉 Ich weiss, dass unser Sohn seine Erfahrungen machen muss und dass es ihn stark macht, wenn nicht immer alles nach seiner Nase läuft. Man muss nicht Klassenarbeiten verschieben, weil mein Sohn Geburtstag hat oder in ihm all das sehen, was ich in ihm sehe. Ich wünsche mir nur ein wenig Empathie, ein wenig Mitfühlen, ein wenig gute Pädagogik in seinem Leben. Weil manche Verletzungen im Leben nicht sein müssen.

Wenn ich so über diesen neuen Lebensabschnitt nachdenke, verordne ich mir ein wenig mehr Gnade für mich selber. Ich muss es nicht toll finden, los zu lassen, ich muss noch nicht mal stark sein. Ich darf heulen und zweifeln und trauern und klagen. Und ich weiss, dass Gott mir zuhört und mich versteht. Denn Gott ist Vater und Mutter, der weiss wie es ist seine Kinder loszulassen und ihren Weg gehen zu lassen, weil Liebe so etwas tut.

Ich bin gut aufgehoben bei ihm mit all meinen Fragen und dem trotzigem „Nicht akzeptieren wollen“. Weil er mich ja eh kennt und sowieso liebt – warum sollte ich ihm was vormachen. Hat noch nie funktioniert 😉

Und so mischt sich in die blöden Gefühle des Abschieds auch ein Stück Vorfreude, auf das was kommt.
Wie wertvoll ist die Gewissheit, einen Vater im Himmel zu haben, der sich nicht zu schade ist, mit einem kleinen Jungen in die Schule zu gehen und bei ihm zu sein – da wo ich nicht bin.