Ich lebe in Gemeinschaft. Überall. Sei es in der Familie, im Freundeskreis, auf der Arbeit oder im Ehrenamt. Ich bin mit vielen Menschen im Kontakt, lebe Beziehung und gestalte den Alltag – meinen eigenen und ab und an auch den anderer Menschen. Oft ist bei allen Bemühungen, gute Beziehungen zu führen,vieles schwierig und auch mal nervig.
Warum ist das so? Warum fällt mir manche Zusammenarbeit oder Freundschaft oder Beziehung oft oder plötzlich so schwer. Bin ich doch bemüht, gute Beziehungen aufzubauen und zu erhalten. Aber manchmal gelingt es einfach nicht. Auch dann nicht, wenn mal gar nichts konkretes falsch gemacht wurde oder gar nichts besonderes vorgefallen ist.
Ich glaube, dass es manchmal daran liegt nach welchen Werten wir leben. Also was ist mir in meinem Leben wichtig, dass ich mein Leben danach ausrichte. Als Beispiel: Vielleicht habe ich den Wert von Loyalität. Irgendwie ist mir das besonderes wichtig. Ich lebe diesen Wert. Ich stehe für Menschen ein – komme was wolle. Ich geh nicht einfach, wenn es schwierig oder unbequem wird. Ich halte durch und halte zu Menschen, die mir nahe stehen. Auch dann, wenn diese Dinge tun, die verletzen und nicht ok sind. Das ist dann einfach der Wert, der mir wichtig ist. Arbeite ich in einem Team mit Menschen, die diesen Wert nicht als so wichtig ansehen (dafür aber andere Werte haben) kann das zu Konflikten führen. Denn der andere wird sich nie so aufopfern für mich (oder den nächsten) wie ich es für richtig und angemessen ansehe. Das macht die andere Person nicht zu einem schlechten Menschen. Er lebt einfach einen anderen Wert. Und mich … enttäuscht es. Weil meine Erwartungen hoch waren, weil ich das Gefühl habe, jeder sollte den Wert der (z.b) Loyalität haben.
Es ist gut zu wissen was meine persönlichen Werte sind, nach denen ich lebe und, die mir wichtig sind. Sei es wie oben beschrieben, die Loyalität oder aber Freiheit, Beständigkeit, Höflichkeit, Familie oder andere (die Liste liesse sich beliebig fortsetzen)….
Ich denke, dass uns diese Werte vielleicht alle vertraut und auch wichtig sind, aber dass sie eine unterschiedlich intensive Bedeutung für jeden haben.
Wir leben nicht alle Werte gleich stark. Das ist auch kaum zu schaffen.
Was ist der Wert, nach dem du lebst, und der für dich in der Gesellschaft einen hohen Stellenwert hat? Was ist für dich von Bedeutung für eine gute Gesellschaft und, wo drückst du mal ein Auge zu, wenn der Wert nicht so gelebt wird? Es ist gut zu wissen, was das ist. Dann können wir vielleicht auch besser erkennen, warum wir manchmal ungeduldig und verletzend anderen gegenüber werden. Weil sie in dem einen Moment den Wert, der mir so wichtig ist, kaum hochhalten (weil er ihnen einfach nicht wichtig ist, während er mir die Welt bedeutet).
Ich glaube, dass Gemeinschaft auch dann möglich ist, wenn man nach unterschiedlichen Werten lebt. (Außer da ist einer, dem scheinbar nichts heilig ist- das wäre dann eine andere Geschichte 😉) Aber es kann schwierig werden. Und es zerrt so sehr an den eigenen Nerven!
Ich selbst blühe auf in Gemeinschaft mit Menschen, die nach den Werten leben, die ich hochhalte. Sie sind wie ein warmer Sommerregen oder wie ein freier Sonntag nach einer vollen Woche. Dann fühle ich mich verbunden mit Weggefährten. Fühle mich geborgen und kann mich wirklich fallen lassen.
Da wo es nicht so ist. Da wo ich mit Menschen zusammen arbeiten und klarkommen muss, die irgendwie andere Werte leben, ist es oft unbequem und kräfteraubend, aber ich denke trotzdem: Ok, Angie! Steig noch nicht direkt aus! Du weißt nicht, was du verpasst, wenn du das Karussell vor dem Ende der Fahrt verlässt. Und so bleib ich manchmal bei Menschen und in Gemeinschaften, die ihre anderen Werte haben und die meine nicht so ganz teilen. Und ich warte ab, denn oft lehrt Jesus genau in solch verzwickten Situationen. Manchmal bin ich auch ausgestiegen, wenn es zu kräfteraubend war. Und das ist auch vollkommen ok. Denn es gibt Grenzen bei allem.
Ich bin dankbar, dass ich Werte habe, nach denen ich lebe und, für die ich einstehe. Ich will aber auch immer eine Lernende bleiben. Wissend, wer ich bin und neugierig auf das, was kommt und was mir die Gemeinschaft mit anderen Menschen beibringt. Auch wenn es nicht immer einfach ist- weil ich nicht einfach bin, die andern nicht und manchmal einfach gar nichts!