Komische Schulzeit

2021! Unsere Tochter kommt in die Schule – jetzt bald!
Also gab es vor den Sommerferien wieder eine Infoveranstaltung. Trotz Corona mit allen nötigen Sicherheitsvorkehrungen auch drinnen und live in Farbe
Trotz vollem Kalender, schaufelte ich mir da den letzten Abend der Woche auch noch frei und machte mich „geimpft und fröhlich“ auf den Weg zur Turnhalle der Grundschule. Dort saß ich dann auf meinem mit „Frowein“ gekennzeichneten Platz und hörte geduldig zu. Es war irgendwie schön – auch trotz Maske. Endlich mal wieder in der Schule sein und das Gefühl haben, man wäre vielleicht doch noch ein Teil davon.

Bei der letzten Einschulung wurde vehement verlangt, dass man sich involvierte und den Schulalltag mutgestaltete.
Vor drei Jahren war ich Lesemama, was für mich und besonders für die Kinder effektiver war, als wenn ich mit allen gebastelt hätte.
Jeden Mittwochmorgen saß ich damals mit den einzelnen Kindern da und half ihnen beim Lesen. Wieviele tolle Kinder habe ich da kennengelernt, wieviel konnte ich ermutigen, wie sehr bekam ich mit, was in der Schule passierte. Das war eine tolle Erfahrung und neben dem, dass man in Bezug auf Schule vertrauen musste, dass es bestimmt gut klappte, konnte ich jeden Mittwoch dann sehen, dass es echt gut lief.

Dann kam unser Buddy Mr. Corona und wirbelte auch diesen Teil meines Lebens einfach mal komplett herum. Da war es mit der „Lesemama“- Phase vorbei und auch, wenn es zuerst einfach mal ein Termin weniger im Kalender war, vermisste ich nach und nach dieses „Teilhabendürfen“ an dem Schulalltag der Kinder.
Als sich Corona dann mal so ziemlich hartäckig in unserem Leben hielt, merkte ich, dass ICH den Anschluss an die Schule meines Sohnes verlor. Alles lief fast komplett über Email, Telefonate, Onlineplattformen oder per WhatsApp. Ich mag den Computer und ich stehe der Digitalisierung auch nicht komplett feindlich entgegen – aber ich bin ein Mensch, der Menschen mag. Ich liebe Gespräche, vor Ort sein, Stimmungen aufnehmen und darauf reagieren, ich mag es Teil einer Sache zu sein. Die fortschreitende Digitalisierung, die so nach und nach in der Schule klappte, nahm (in diesem speziellen Coronajahr – und natürlich aus völlig nachvollziehbarem Grund) diesen Part der Begegnung. Das war schwer.

Als ich beim Infoabend saß, erklärte eine total nette Lehrerin, dass das Maskentragen in der Schule sowie das Testen nun auch für die Erstklässler zum Alltag werden würde. Zwei mal Tests und weiterhin Maske tragen. Die ganze Zeit im ganzen Gebäude.
Meine Rückfrage war eigentlich rhetorisch: „Das ist schon krass, wenn jetzt überall gelockert wird und fast nirgends mehr getestet wird und Maskenpflicht oft wegfällt. Und die Kids müssen das dann einfach weiter machen.“
Die Schulleiterin erwiderte, dass der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann.“
Naja, dachte ich, im Restaurant klappt es auch und private Feiern mit 50 Leuten sind auch drinnen ok. Aber ich hielt den Mund, wollte keine Diskussion, die eh nichts bringen würde.

Aber es macht mich seitdem nachdenklich. Erst mal macht es mich wütend und traurig. Das ist so bei mir. Ich kenne die Reihenfolge meiner Emotionsentladung ja nun mittlerweile. Das Unverständnis und diese Machtlosigkeit bringen mich oft zum fassungslosen Wütendsein. Das Herz will dann auch mal kurz dran kommen. Es kann nicht verstehen und nachvollziehen und sachlich bleiben. Ich habe das immer mal wieder mit ihm geübt – aber mein Herz ist da ein ziemlich schlechter Schüler.:-)
Nachdem diese Phase dann langsam abebbt – und ja das passiert recht schnell. Dann kann ich wieder etwas klarere Gedanken fassen.
Ich kann die Regel ja nicht ändern. Ich könnte, aber ich habe keine Kraft dazu. Bin nicht diejenige, die da aufsteht und rummotzt und einfordert.

Aber mir ist klar geworden, warum mein Kind in den letzten Monaten war, wie es war. Und dass es großes geleistet hat. Es wollte nicht zur Schule – aber es ist hingegangen. Es hat die Maske mitgenommen und brav getragen. Er hat sich mit der Testerei in der Schule auseinandergesetzt und mir am Ende dann gesagt: „Mama, es ist ok. Ich mach die Tests in der Schule mit. Wir brauchen nicht in der Apotheke testen. Ich weiss jetzt, wie das läuft und das ist ok für mich.“
Und das nach endlosen Emails zwischen der Lehrerin und mir, den Überlegungen, was das mit dem Sohn macht, wenn der Test vielleicht mal positiv ist. Der Frage, wie da vor Ort dann mit ihm umgegangen wird. Ich habe mich fast verrückt gemacht mit diesen ganzen Überlegungen – einfach, weil ich das Gefühl des Kontrollverlusts hatte und nicht mehr einordnen konnte, ob nun auch mal der Zeitpunkt zum Loslassen war oder ob mein Kind dabei den größten Schaden seines Lebens nehmen würde.
Als mein Sohn sich mit dem Thema auseinandergesetzt und mir versichert hatte, dass es ok ist, konnte ich loslassen. Das ist auch mal eine wichtige Erfahrung! Aber es war sehr zermürbend. Ich will ja immer gerne alles richtig machen.

An Situationen wachsen müssen ist oft schmerzhaft. Auch bei uns Erwachsenen. Sich mit einem Thema auseinanderzusetzen fordert. Aber ich will das trotzdem. Ich will verschiedene Standpunkte erkennen, meine blinden Flecken sehen und mehr davon weg, dass alles immer direkt bekämpft werden muss, weil es nicht in meine Sicht der Dinge passt.
Ich möchte Menschen mit ihrer Meinung, die mir dann oft mal nicht gefällt, annehmen und WIRKLICH stehen lassen können. Ich möchte weiser werden. Und es nicht erst sein, wenn ich alt und grau bin. Ich möchte liebevoller werden, mir und meiner Welt gegenüber. Das geht oft schief – aber das ist ok. Solange ich dran bleibe zu lernen.
Mir hilft oft ein Gedanke, den ich oft laut ausspreche, wenn die Unmöglichkeiten dieser Welt über mir zusammenbrechen und ich spüre, dass ich keinen Einfluss mehr habe:
„Gott, hier: DEINE Welt!
Wenn ich was machen soll, sag bescheid. Aber ich komm hier nicht weiter. Jetzt bist du dran.“

Und wenn ich dann nun das zweite Kind in eine ziemlich komische Schulsituation schicke, in einen Alltagsabschnitt, in dem ich nicht mitwirken kann, dann bete ich, dass es Menschen trifft, die gut zu ihm sind. Dass es Fragen stellt und gute Entscheidungen trifft. Dass es soviel Gutes in sich trägt, dass es andere mit reinnimmt und, dass die Schulzeit besonders wird.

Ich glaube, wie gut oder schlecht Kinder diese momentane Zeit der Pandemie und der Nebenwirkungen davon hinbekommen, hängt davon ab, wie wir sie begleiten und wie wir sie ermutigen. Dass wir da sind, wenn sie Fragen haben, wenn sie nicht hinterherkommen oder, wenn dann mal die Seele weint. Dass wir nicht nur meckern über die Einschränkungen und Unsinnigkeiten der Pandemie, sondern dass wir unsere Kinder mutig und stark machen, Teil der Lösung zu sein.
Sie hören gut zu, diese Kinder. Meist dann, wenn sie es nicht sollten 😉

Viel Kraft und Vorfreude für alle Eltern fürs neue Schuljahr nach den wohlverdienten Ferien 🙂

Hier an unserm Küchentisch

Hochmotiviert sitz ich am Morgen
Homeschooling, das gönn ich mir
Ich kann lesen, ich kann schreiben
Formen, Zahlen läuft bei mir.

Stolz ertrag ich heut mein Kreuze,
Setz mich mit dem Sohne hin
Und ich hoffe und ich bete,
Dass ich heute gnädig bin.

Ganz früh hab ich mich aufgerafft,
alles schon bereit gelegt,
hab mir heute vorgenommen,
Heute, hier wird was bewegt.

Heute will ich bei ihm sitzen,
Nur mein Augenmerk auf ihn,
kein Haushalt, keine anderen Pflichten,
Nur das bisschen Homeschooling

Und dann kommt mein Kind zum Tische,
gar nicht mal so motiviert
und dazu ein Haufen Sachen,
Die uns fröhlich aufdiktiert.

Und was ich will, das will er nicht.
Kein perfektes Homeschooling,
Trotzig wird sich hier gewehrt
Hier an unserm Küchentisch

Gerade noch so motiviert,
Kommt nackte Realität mir nah.
Nach nur wenigen Minuten,
Tränen hier und Motzen da.

Und die Uhr, die Uhr läuft weiter,
hier an unserm Küchentisch
Und die Geduld, die ich erbeten,
War wohl heut nicht abkömmlich.

Ich will ja wirklich meinen Teil tun,
Meinen Teil in dieser Zeit,
Will meinen Platz ganz würdig füllen
Und bin doch nicht ganz bereit.

Nicht jeder Tag ist immer grausam,
Machmal geht es auch fast glatt,
Doch ich kann nur noch mal sagen:
Manchmal habe ich es satt.

Und während ich hier schimpfend sitze,
Abgekämpft, zu nichts bereit
Flüstert eine Kinderstimme:
Mama, du, es tut mir leid.

Und ich schau in Kinderaugen, 
Die nichts können für diese Zeit
Für unser Hadern unser Ringen
Für unseren doch unfairen Streit

Nach einem Jahr der Pandemie 
Ist es dünn mein Nervenkleid
Oft muss ich dabei erkennen,
Ich brauche mehr Gelassenheit.

Das Kinderflüstern noch im Ohr,
Kapitulation fällt nicht mehr schwer
Nimm ich mein Kind in meine Arme 
Heute geht wohl gar nichts mehr.

Manche Menschen könnens besser
Das was ich grad gar nicht kann,
Doch will ich mit mir gnädig bleiben
Und fang einfach nochmal an.

Advent, ich hätte dich fast verpasst…

Es war am letzten Dienstag

Wir fahren morgens durchs Wohngebiet Richtung Kindergarten und unser Sohn Jim ruft: „Mama, guck mal! 
Die haben ganz viele bunte Lichter im Fenster. Blink, Blink!!“
Mein Sohn springt vor Begeisterung fast aus dem Auto und mein Mann meint nur: “ Das ist wohl…. Geschmacksache!“ – Wollte ich auch gerade sagen.
Wir fahren weiter und mehr und mehr geschmückte und blinkende Weihnachtsbäume und Lichterketten säumen unseren Weg….

„Ich versteh das nicht,“ mische ich mich in die Begeisterung meines Sohnes ein. “ Diese ganzen geschmückten und leuchtenden Weihnachtsbäume und Girlanden – das geht dieses Jahr viel zu früh los. Es gibt doch die Regel, dass man erst NACH Totensonntag die Lichter anzünden soll. Selbst der Weihnachtsbaum in der Stadt brennt bereits.“
Mein Mann guckt mich irritiert an: “ Angie, Totensonntag war letztes Wochenende.“
Ich lasse mich definitiv und grundsätzlich nicht von Tatsachen verunsichern – und meine nur: „Quatsch, Schatz! Totensonntag ist jetzt am Wochenende!“
„Nein,“ erwidert er tatsächlich völlig überzeugt: „Am kommenden Sonntag ist der erste Advent!
Fast wäre ich vor Schreck in den nächsten blinkenden Schneemann gefahren.
„Ernsthaft?!“ Das kann nicht sein: Ich hätte fast den ersten Advent verpasst – in der absoluten Überzeugung, dass noch kein Advent sein kann…

Aber der Advent findet statt- auch dann, wenn ich noch völlig andere Dinge im Kopf habe und es noch nicht reinpasst in meinen Plan.
Der Advent – Jesus kündigt sich an- immer wieder.  Eine christliche Tradition, abendländlich, vertraut, familiär.
Das Weihnachtsfest kommt und es lässt sich nicht aufhalten, auch wenn es gerade nicht in mein Lebenskonzept passt. Auch dann nicht, wenn ich es vor Stress und Hektik gerne ein paar Wochen oder Monate nach hinten verschieben möchte. Es findet statt, auch wenn mir vielleicht nicht danach zumute ist.
Verständlicherweise, weil es vielleicht das erste Weihnachten ohne einen geliebten Menschen ist, ein erstes Weihnachten in der Fremde, ein erstes Weihnachten allein oder mit einer Familie, die ich eigentlich schon im Alltag nicht mag.

Wir können den Advent eigentlich kaum verpassen, denn überall leuchten Lichter in den Straßen, laden unzählige Weihnachtsmärkte zum Verweilen ein.

„Advent, Advent ein Lichtlein brennt.“

Und dann kommen die Spendenbriefe, die Aufforderungen, Gutes zu tun und allen ein schönes Weihnachtsfest zu bereiten. Gerade denen, die es gerade nicht gut haben. Und dann wird die Zeit vor Weihnachten und das Fest manchmal auch zu einer Prügel ins Gewissen, zu einer Keule, die über unseren Köpfen kreist und uns zuraunt: Tue Gutes! Es ist Weihnachtszeit!

Ich kann verstehen, dass manche Menschen mit dem Weihnachtsfest und dem ganze „Drum Herum“ nichts mehr anfangen können und, dass „Advent“ keine freudige Erwartung auf das Christenfest wird, sonder eher ein Hetzen von einer zur nächsten Weihnachtsfeier. Und, dass wir über Geschenke oder Spendenmöglichkeiten nachdenken, obwohl vielleicht das Geld gar nicht mehr reicht oder wir schon vor den Jahresrechnungen im Januar bangen.

Und ich frage mich, brauchen wir diese Zeit eigentlich? Sollten wir nicht immer darauf bedacht sein, Gutes zu tun, zu spenden, Leute zu uns einladen und ihnen einen schönen Abend ermöglichen. Sollten wir uns das Jahr über nicht immer wieder mal beschenken, weil wir den anderen mögen? Und sind Kerzen und Lichter und nett geschmückte Wohnzimmer nicht immer eine Freude und machen das Nachhause-kommen einladender?

Advent, ich hätte dich fast verpasst.
Und ich hätte es schade gefunden, denn ich liebe diese Zeit trotz all der  Verpflichtungen und dem Stress, der sich immer mal wieder seinen Weg zu mir bahnt.
Ich liebe auch Weihnachtsmärkte, Glühwein, Geschenke unterm Baum, die leuchtenden Augen unserer Kinder, Weihnachtslieder rauf und runter, Bräuche und womöglich Schneechaos, dass man nur noch zu Fuß unterwegs sein kann.
Tatsächlich bereitet mich auch das auf Weihnachten vor.

Diese ganze Geschäftigkeit erinnert mich an Filme, in denen es um die Ankunft eines Königs geht. Es wird vorbereitet, alles hergerichtet und herrlich geschmückt. Klar geht es laut und schroff zu und manchmal weiss man auch nicht mehr, wofür das ganze. Aber die ganze „Welt“ ist auf den Beinen. Alles rennt und hastet und weiss manchmal auch nicht wohin.
Aber stellt euch vor: Der König kommt!
Wir sind mal vor einigen Jahren bewusst zur Nachmittagszeit am Heiligabend durch die Innenstadt von Wermelskirchen gegangen.
Es war ein Werktag! KEIN Mensch war unterwegs, alle Geschäfte hatten geschlossen, die Lichterketten taten was sie tun mussten und es fing leicht an zu regnen. Ich habe die Stadt noch nie so leer erlebt und es war irgendwie ziemlich beeindruckend. Ich habe kurz die Luft angehalten.
Der König war da! Für mich! In diesem Moment! Menschen waren in der Kirche oder zu Hause. Aber die Geschäftigkeit der letzten Wochen war vorbei. Advent war beendet – der Heilige Abend war in diesem Moment wirklich irgendwie heilig für mich… Das war besonders!

Ich will das ganze Jahr über bewusst und aktiv das Gute leben und hoffe, dass es mir vielleicht ab und zu auch gelingt. Ich möchte die Hand reichen, wenn keiner meine große Tat bewundert. Ich will Gastfreundschaft leben und andere Menschen willkommen heißen…
Ich möchte dann und wann eine Kerze aufstellen  – auch mitten im August, weil Nachhause-kommen immer einladend sein sollte.

Aber in dieser Adventszeit will ich es trotzdem noch einmal intensiv leben, will mich auf die Ankunft meines Königs vorbereiten, will die christliche Tradition und eine Liebe zu diesem Jesuskind an unsere Kinder weitergeben.
Und ich will gar nicht raus aus diesem Hamsterrad, will gar nicht fliehen vor dem Stress und der Hektik um mich herum. Aber ich will mir bewusst werden:
Totensonntag ist vorbei! Lasst uns das Leben feiern. Lasst uns am ersten Advent eine Kerze anzünden und uns vorbereiten auf die Ankunft des Königs.

Und vielleicht zünden wir dieses Jahr ganz bewusst jede Kerze am Adventskranz an und sagen:
„Willkommen mein König!
Ich mach vielleicht nicht alles richtig in diesem Jahr zur Weihnachtszeit –
aber du kommst. Zu mir! Danke“